Die Geh-Meditation (20 Minuten)

Die beste Achtsamkeitsübung ist die Geh-Meditation. Sie ist auch das beste
Mittel zur Beruhigung aufgewühlter Gefühle.

Bei der Geh-Meditation achten wir nur auf das Gehen, besonders auf die
Füße. Wir spüren in die Fußsohlen hinein, nehmen die Berührung von ‚Mutter
Erde‘ wahr und beobachten die Art unseres Auftretens: stampfend wie ein
Elefant, zaghaft wie ein Storch, mit dem Vorderfuß vortastend, mit der
Ferse ‚gegen das Leben‘ abstemmend, zielstrebig geradeaus oder mit seitlich
ausschweifenden Füßen, die alle Vielfalt des Lebens noch mitbekommen wollen.
So erfahren wir einiges über unsere eigene Einstellung gegenüber dem Leben.
Wenn du kannst, dann gehe barfuß oder auf Strümpfen. Wenn du Probleme mit
Knie oder Sprunggelenk hast oder zu Blasenentzündungen neigst, dann behalte
die stützenden und schützenden Schuhe an.

Sinn der Geh-Meditation

Die Geh-Meditation ist das beste Mittel gegen unruhige Gedanken
und aufgewühlte Gefühle wie Wut, Ärger, Stress, Angst, Panik, Unruhe
u. a. – für Anfänger viel besser als die Sitz-Meditation mit
‚Gedankenschwirren‘.

Viele Westler üben täglich 20 Minuten nur die Geh-Meditation, denn für die
Sitzmeditation sind sie zu unruhig. Wenn du mehr Zeit zur Verfügung hast,
dann mache zuerst 20 Minuten Geh-Meditation und anschließend weitere 20
Minuten stille Sitz-Meditation, die dadurch ruhiger und effektiver wird.

Atem und Geh-Meditation

Im nächsten Übungsteil versuchen wir, die Schritte mit unserer Atmung zu
kombinieren. Wie wir wissen, kann sich unser Gehirn nur auf 2 Sachen gleichzeitig
konzentrieren. Nimm einen Rhythmus, der zu dir passt, welcher ist
egal. Es geht ja nur darum, unsere ’spazierengehenden‘ Gedanken zurück zur
Übung zu lenken, z. B. Heben = Ein, Tragen = Anhalten, Senken = Aus und
Gewicht verlagern = Anhalten. Sollte dir das zu schnell sein, dann halbiere
den Rhythmus; Heben + Tragen = Ein, Senken + Gewicht verlagern = Anhalten,
wieder Heben + Tragen = Aus, Senken + Gewicht verlagern = Anhalten.
Es ist leicht, dein Schritt-Tempo deinem normalen Atemrhythmus anzupassen.
Wenn du jedoch in einer Gruppe gehst, musst du das gemeinsame Tempo an
deine Atmung anpassen. Damit dir nicht durch zu viel Sauerstoff schwindelig
wird, musst du evtl. die Tiefe deiner Atmung etwas reduzieren, um dadurch
etwas weniger Luft einzuziehen. Die Kombination der Atmung mit den
Füßen hilft gegen unruhige Gedanken und Gefühle.

Wie wir gehen sollen

Bei der Geh-Meditation schreiten wir betont langsam (l/4tel der normalen
Geschwindigkeit), so dass wir zwischendurch kurz auf einem Bein balancieren
müssen, bevor wir wieder auftreten und das Gewicht verlagern. Allerdings
sollten wir nicht wie ein Storch im Salat laufen. Wer unsicher ist,
kann den Fuß auf dem Boden schleifen lassen. Wer behindert ist, kann sogar
in einem langen Flur, z. B. im Krankenhaus, sich mit einer Hand am Geländer
festhalten.

Ein Vorteil der Geh-Meditation ist, dass wir nicht alleine gehen, sondern
unser ‚Freund‘, der ‚Schwindel‘, geht immer mit. Wenn unsere Gedanken oder
Gefühle abschweifen, kommt der Schwindel und erinnert uns daran, doch auf
die Füße zu achten. Während uns bei der stillen Sitz-Meditation solche Gefühle
wie Wut und Ärger besonders leicht ablenken können, werden wir bei
der Gehmeditation immer von ‚Freund Schwindel‘ an unsere Achtsamkeit
erinnert. So geschieht es, dass unser Ärger nach spätestens 20 Minuten verflogen
ist – oder wir sind umgefallen.

Quelle: Auszug aus meinem Buch: Überwinde deine Krise.